Gelungenes Modell für Gemeinden

 
Segensreicher geistlicher Neustart mit einem Café


In Bayreuth (Bayern) hat eine Landeskirchliche Gemeinschaft (LKG) ihr Gemeindehaus verkauft und einen Neustart mit einem Café gewagt. Was daraus geworden ist, berichtet hier die idea-Reporterin Romy Schneider.


Die gute Nachricht vorweg: Was in Bayreuth (Bayern) abzusterben drohte, ist nun ein Missionsstandort. Aber der Reihe nach: Es ist Dienstagmittag. Im „Café Miteinander“ in einem Eckhaus in der Bayreuther Innenstadt mit beiger Fassade und emporrankendem Efeu ist gerade die Bibelstunde zu Ende gegangen. Diesmal ging es um die Frage, ob materielle Dinge einen Menschen glücklich machen können. Einige der Besucher blieben noch an den Tischen bei Kaffee und Kuchen sitzen; darunter obdachlose und psychisch kranke Menschen, Einsame und sozial Bedürftige. Sie kommen gern hierher. Möglicherweise weil sie erfahren, was das Schild außen am Gebäude verheißt: „Stadtmission: Ich fühl mich daheim“. Das Café ist kein „Angebot“ der Landeskirchlichen Gemeinschaft (LKG) in Bayreuth: Es ist jetzt „die Gemeinde“, wie Gemeindeleiter Volker Sommerfeldt erklärt: „Gäste, Helfer, Gemeindemitglieder: Wir alle hier bilden die Gemeinde Jesu.“

An die Hecken und Zäune
Der 61-Jährige hatte beobachtet, dass viele Gemeinden einerseits aufgrund von Mitgliederschwund und andererseits wegen seelischer Nöte von Menschen zunehmend sozial-missionarische Projekte starten. Ähnlich war es bei der LKG Bayreuth. Immer weniger Menschen besuchten die Gottesdienste und Bibelstunden, wie sich Sommerfeldt erinnert. Die Mitgliederzahlen sanken. Die Finanzen brachen ein: „Der missionarische Auftrag konnte nicht mehr erfüllt werden.“ Die Gemeinde entschloss sich, nach draußen zu gehen – biblisch gesprochen „an die Hecken und Zäune“ (Lukas 14,23). Um auch die Menschen am Rande der Gesellschaft einzuladen. Einige ältere Gemeindemitglieder zeigten Vorbehalte und eine „Einigelungstendenz“. Sommerfeldt: „Aber genau für diese Menschen ist Jesus gekommen.“ 2018 wagte die Gemeinde den Neustart: Sie verkaufte ihr Gemeindehaus und mietete in der Fußgängerzone ein Cafélokal. Heute kommen in der neuen LKG Stadtmission Menschen zum Glauben an Jesus und fühlen sich als Teil der Gemeinde – mit und ohne Kirchenmitgliedschaft, wie Sommerfeldt erzählt.

Jeder macht mit
Eine Preisliste gibt es nicht. „Jeder bezahlt, was er kann und was ihm das Essen wert ist“, so Sommerfeldt. Täglich gibt es hausgemachte Kuchen und zum Mittagstisch frisch gekochte Speisen. Jeweils rund 150 Mahlzeiten kochen Helfer drei Mal in der Woche. Auch gespendete Kleidung, Fahrräder oder sogar Autos werden verschenkt. Derzeit hat die „Stadtmission“ 13 Mitglieder. Doch jede Woche besuchen bis zu 350 Menschen das Café. Geschirr spülen, bedienen, Kuchen backen, Essen kochen: Den Betrieb managen Mitglieder, Helfer, Gäste und Christen aus anderen Bayreuther Gemeinden ehrenamtlich. Miete und Einkäufe werden aus Spenden finanziert. Im Café liegen Bibeln aus. Auf Wunsch wird mit Gästen gebetet. Die wöchentlichen Bibelstunden besuchen bis zu 30 Personen. Es gibt einen Gebetskreis, und sonntags wird Gottesdienst mit bis zu 40 Besuchern gefeiert.

Kranke erfahren Heilung
Inzwischen sei das Café zu einem „Missionsstandort in der Stadt“ geworden, freut sich Sommerfeldt. Durch die sinnvolle Aufgabe hat sich bei einigen psychisch kranken Gästen auch die seelische Gesundheit verbessert, wie ihm Sozialarbeiter und Betreuer berichten. Für den Prediger ist es schlicht der Friede Christi, der wirkt, denn das Evangelium zielt auf Heilung ab. „Wir Christen sollten uns deshalb vor allem um das geistige Wohl von Menschen kümmern. Sie sollen Jesus kennenlernen.“ 

Romy Schneider (Wetzlar)